Über die Autorin

Mein Name ist Hoang Lan Dinh und habe wirklich mein ganzes bisheriges Leben mit meiner Schüchternheit gekämpft.

Ich war schon immer recht ruhig und zurückhaltend, scheu gegenüber anderen und habe bei fremden Leuten kaum ein Wort heraus gebracht. Außerdem litt ich aufgrund meiner recht strengen Erziehung unter Perfektionismus. Alles muss super toll sein, Fehler wurden nicht geduldet. Das führte dazu, dass ich eine regelrechte Panik vor Fehlern und vorm Scheitern bekam. Ich setzte mich ständig unter Druck. Stets und ständig ging es darum, einen guten Eindruck bei anderen zu machen, Bewertungen und Wertschätzung meiner Mitmenschen standen bei mir ganz oben. Demzufolge versuchte ich alles, um anerkannt zu werden. Von Selbstliebe keine Spur. Ich machte mich von der Beachtung der anderen abhängig. Und gleichzeitig hatte ich davor große Angst. Ich fürchtete mich vor allen Situationen, in denen ich im Mittelpunkt des Geschehens war. Darum war die Schulzeit für mich ein Grauen. Ich war von so vielen Leuten umgeben, musste mich ständig mündlich beteiligen, an Diskussionen teilnehmen und Referate halten. All das hasste ich so sehr. Es machte mir so große Angst. 

Auch was das Zwischenmenschliche betraf, hatte ich große Hemmungen, denn ich konnte mich nur schwer anderen gegenüber öffnen. Es war wie, als wäre eine große Barriere zwischen mir und den anderen, als wäre ich ein Lebewesen von einem anderen Stern. Ich fühlte mich so unverstanden, weil keiner auf mich zukam und mich besser kennenlernen wollte. Meine Angst gegenüber anderen wurde dadurch immer stärker. Hinzu kam, dass man mich auch nicht akzeptierte, vor allem nicht mal meine eigene Familie, die mir einredete, dass nicht gut sei, so schüchtern zu sein. Darunter litt mein Selbstwertgefühl, von Selbstbewusstsein keine Spur. Ich wollte einerseits von anderen akzeptiert und gemocht werden und hatte doch Angst davor jemanden näher an mich heranzulassen. Außerdem war ich von Anfang an der Überzeugung nicht liebenswert genug zu sein. Ich habe mich zurück gezogen, hatte wenige Freunde und lebte in ständiger Angst vor neuen, unbekannten Situationen und Menschen. 

Bis ich an einem Punkt kam, an dem sich alles veränderte. All dies geschah nur, weil ich erkannte, dass ich schüchtern bin und diese Schüchternheit als ein Teil von mir akzeptierte. Außerdem machte ich mir selbst klar, dass es so nicht weiter gehen kann und ich unternahm viele, viele Versuche, um meine Schüchternheit zu bewältigen. So begann ich meiner Theatergruppe im Gymnasium beizutreten, was eine riesige Hürde für mich war. Überraschend stellte ich fest, wie leicht es mir fiel, auf der Bühne aus mir herauszukommen und gut zu spielen. Das stärkte mein Selbstbewusstsein und überraschte auch die anderen, das so viel Mut nicht von mir erwartet hatten. 

Weiterhin begann ich nach erfolgreichem Abitur das Studium der Germanistik, um meine Schüchternheit weiter abzubauen. Im Studium sah ich mich vielen Referaten und vielen neuen Leuten konfrontiert. Doch mit jeder neuen sozialen Herausforderung wuchs mein Selbstvertrauen. Ich wusste, da wo die Angst ist, da geht es auch lang! Außerdem setzte ich mir regelmäßig Challenges, bei denen ich meine Schüchternheit bewältigen musste. 

Mein Lieblingsmotto wurde zunehmend: Komme aus deiner Komfortzone heraus und dehne sie aus! Ich unternahm regelmäßig neue Dinge und lernte immer mehr neue, tolle Leute kennen, wodurch meine Schüchternheit immer mehr abnahm. Durch den Umzug aufgrund meines Studiums war ich zwar allein auf mich gestellt, sah mich aber auch gezwungen proaktiv zu handeln, auf Leute zuzugehen und neue Kontakte zu knüpfen. Das war nicht immer einfach, aber mit der Zeit fiel es mir immer leichter. 

Nach und nach wurde mir auch klar, dass ich nach dem Studium im Journalismus Fuß fassen wollte. Ein schüchterner Mensch als Journalist? Ist das zu fassen? Ich hätte es auch nicht geglaubt, aber nach einigen Workshops und Praktika habe ich Gefallen daran gefunden mit neuen Leuten in Kontakt zu treten, sie zu interviewen und deren Geschichten zu erfahren.

Der Höhepunkt war dann der Anfang meines Ehrenamtes. Ich trat der Umweltorganisation Greenpeace bei und übernahm dort die Rolle der Öffentlichkeitskoordinatorin. Folglich musste ich Kontakt zur Presse und Öffentlichkeit pflegen. Besonders herausfordernd war die Öffentlichkeitsarbeit, was bedeutet, an Info-Ständen fremde Menschen ansprechen, informieren, von etwas überzeugen. Es war nicht immer einfach, aber inzwischen macht es mir großen Spaß. 

Wie ihr seht, habe ich wirklich viele Schritte unternommen, um meine Schüchternheit zu bewältigen und soweit zu reduzieren, dass ein normaler Alltag für mich möglich wurde. Während ich noch Schulzeiten das graue, stille Mäuschen war, entwickelte ich nach der Schule und während des Studiums immer mehr Selbstbewusstsein und inzwischen weiß ich auch, was ich will und wie ich es bekomme. Mit dem Abbau meiner Schüchternheit ging auch mein genereller Lebenswandel einher. War ich früher eher ein Stubenhocker mit wenigen Freunden, unternehme ich heutzutage sehr viel, gehe in die Welt, entdecke neue Dinge und bin generell ein aufgeschlossener Mensch geworden. Doch trotzdem würde ich mich dennoch als schüchtern bezeichnen, eben aber nicht mehr so stark wie früher. Ich habe auch gelernt, dass Schüchternheit nicht gänzlich negativ ist, sondern positive Eigenschaften hat. Der Weg von extremer Schüchternheit bis zu einer fast angstlosen Zeit war steinig und schwer, doch er ist machbar. All diese Erkenntnisse und Erfahrungen möchte ich hier mit euch teilen. 

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